Produktion von Huaweis Kirin-Chips steht vor dem Aus

Die Produktion von Huaweis Kirin-Prozessoren kommt offenbar bis Mitte September 2020 zum Erliegen. Derweil bemüht sich Qualcomm um Ausnahmeregelungen für den Chipverkauf an Huawei.

 

Im zweiten Quartal 2020 verkaufte Huawei erstmals mehr Smartphones als der bisherige Spitzenreiter Samsung. Mit 55,8 Millionen verkauften Smartphones ist der chinesische Hersteller damit Weltmarktführer. Rund 70 Prozent seiner Smartphones verkauft Huawei im heimischen chinesischen Markt.

 

Huawei ist neuer Smartphone-Weltmarktführer, doch wie lange?

 

Der chinesische Markt macht mehr als ein Viertel der weltweiten Smartphone-Nutzer aus. Rund 60 Prozent der chinesischen Bevölkerung nutzt aktiv ein Smartphone, im globalen Vergleich stehen sie damit jedoch nur auf dem neunten Platz – Deutschland belegt hier den zweiten Platz. Gemessen an der Gesamtzahl lässt das bevölkerungsreichste Land der Welt mit über 800 Millionen Smartphone-Nutzern die anderen Staaten jedoch weit hinter sich.

 

Dennoch wird Huaweis Smartphone-Sparte zunehmend stark von den US-Sanktionen im Handelsstreit bedroht. Denn auch wenn ein Teil der Fertigung innerhalb der eigenen Landesgrenzen geschieht, sind gerade die Flaggschiff-Modelle auf Komponenten externer Zulieferer angewiesen. So werden die Kirin-Prozessoren in Huaweis Top-Smartphones von der taiwanesischen Chip-Schmiede TSMC hergestellt. TSMC wiederum bezieht Technik aus den USA und sieht sich auf deren Druck hin nun gezwungen, keine weiteren Huawei-Aufträge mehr zu bearbeiten. Seit Mitte Mai werden keine neuen Aufträge mehr angenommen, ab dem 15. September soll laut Richard Yu, Chef des Verbrauchergeschäfts bei Huawei, die Produktion des Kirin-Chips zum Erliegen kommen.

 

Für Mittelklasse-SoCs einiger Geräte kann Huawei auf den chinesischen Chip-Fertiger SMIC ausweichen, doch für die aufwändigere 7-Nanometer-Strukturgröße des Highend-SoC Kirin 990 kam offenbar nur TSMC in Frage. Eine neue Alternative steht bereits am Horizont, allerdings mit einem großen Fragezeichen dahinter: Ausgerechnet der amerikanische Chip-Hersteller Qualcomm zeigt offenbar großes Interesse am Huawei-Auftrag.

 

Qualcomm sieht im Huawei-Bann einen Milliardenverlust

 

Qualcomm setzt sich laut einem Bericht des Wall Street Journals für eine Lockerung der Verkaufsbeschränkungen bei der Trump-Regierung ein. Durch den Huawei-Bann verliere das US-Unternehmen einen Milliardenmarkt an die Konkurrenz aus Taiwan und Südkorea. Qualcomms Snapdragon 865-SoC ist ebenfalls im 7-nm-Verfahren gefertigt und kommt in vielen aktuellen Android-Flaggschiffen zum Einsatz. Mit einer Ausnahmeregelung könnte das US-Unternehmen diesen und weitere Chips für künftige Huawei-Flaggschiffe anbieten.

 

Ohne einen neuen Chiplieferanten bleibt die Zukunft für Huaweis Smartphone-Verkaufszahlen ungewiss. Diese waren zuletzt im europäischen Markt zurückgegangen, da die neuesten unter Android laufenden Huawei-Smartphones durch die US-Sanktionen auf sämtliche Google-Dienste verzichten müssen. Als womöglich letztes Flaggschiff-Smartphone mit dem Kirin 990-Chipsatz wird im Herbst das Huawei Mate 40 vorgestellt, sofern der Hersteller bis dahin keine Lösung für die Kirin-Problematik findet.

 

Quellen:

https://apnews.com/270e93e985733a4d086c06a01375cea0

https://t3n.de/news/milliardenverluste-qualcomm-ende-1309059/

https://www.wsj.com/articles/qualcomm-lobbies-u-s-to-sell-chips-for-huawei-5g-phones-11596888001

https://newzoo.com/insights/trend-reports/newzoo-global-mobile-market-report-2019-light-version/